Kinderoptometrie
Die Kinder-Optometrie ist ein Spezialgebiet der Augenoptik. Sie beschäftigt sich mit Funktionsstörungen am gesunden Auge aufgrund eines gestörten Sehverhaltens oder einer fehlerhaften Sehentwicklung.
Was ist Kinder Optometrie?
Bei der Kinder Optometrie kann es zwar auch zu einer Versorgung mit
einer optisch-physikalischen Lösung, also einer Brille oder
Kontaktlinsen kommen, jedoch werden hier weiterführende Messungen
durchgeführt.
Bei der "normalen" Augenglasbestimmung wird getestet, ob eine Kurzsichtigkeit (Myopie) oder eine Weitsichtigkeit (Hyperopie) oder ob eine Hornhaut- oder Linsenverkrümmung vorliegt. Zusätzlich testet man in der Kinder Optometrie
- wie korrekt Augenbewegungen ausgeführt werden können,
- ob bei Blicksprüngen das Ziel auf direktem Wege erreicht wird,
- wie gut die Augenlinse sich auf die jeweilige Sehentfernung scharf einstellen kann; ebenso, wie ausdauernd die Nah- und Ferneinstellung funktioniert,
- ob die Stellung der beiden Augen zueinander funktioniert,
- ob die visuellen Informationsverarbeitungsprozesse richtig ablaufen.
Wie kann man Störungen erkennen?
Beispiel für einen möglichen Seheindruck bei unzureichend koordinierten Augenbewegungen
Schnelles Lesen mit guter Sinnerfassung erfordert ein regelrechtes
"Einscannen" des Textes in das Gehirn. Zwei Augen die wie Einzelgänger
arbeiten und nicht kooperieren, werden nicht in der Lage sein, über
einen geschriebenen Text zu gleiten und im Gehirn einen schnellen
Vergleich mit dem bisher Gelernten zuzulassen.
Vergenz
Ist die Stellung der beiden Augen zueinander. Blicken die Augen auf einen Gegenstand oder einen Buchstaben so nehmen sie zueinander einen bestimmten Winkel ein. Weichen die Augen von der geforderten Blickrichtung ab, so müssen die Augenmuskeln ständig korrigierend eingreifen.
Beispiel für einen möglichen Seheindruck bei fehlerhafter Vergenz
Bei großen Abweichungen können die Augenmuskeln den Fehler nicht mehr
ausgleichen und das Augenpaar "schielt". Bei kleineren Abweichungen
können die Augenmuskeln den Fehler ausgleichen. Jedoch verursacht dies
erhebliche Anstrengungsbeschwerden. Kopfschmerzen, hohe
Lichtempfindlichkeit und Doppelbilder können die äußeren Erscheinungen
sein. Ist die Abweichung immer gleich groß, spricht man von einem
Winkelstellungsfehler. Winkelstellungsfehler können mit prismatischen
Brillengläsern ausgeglichen werden.
Akkommodation
Die Akkommodation ist die Fähigkeit der Augen, ein klares Bild der in verschiedenen Entfernungen betrachtenden Objekte auf der Netzhaut zu erzeugen. Die Akkommodation und die Konvergenz (Bewegung der Augen nach innen) sind gekoppelt. Liest man z.B. Texte, so muß die Akkommodation und die Konvergenz genau auf die jeweilige Leseentfernung abgestimmt sein.
Beispiel für einen möglichen Seheindruck bei unzureichender Akkommadation
Liegt eine Akkommodationsschwäche oder eine Konvergenzschwäche vor, so
stimmt das Verhältnis Akkommodation und Konvergenz nicht mehr überein.
Häufig ist die Folge "Nahstress". Anhaltende Naharbeit über einen
längeren Zeitraum oder hoher Leistungsdruck, kann ebenfalls diesen
"Nahstress" erzeugen.
Visualisation
Um Gesehenes deuten zu können, benötigt es vieler, sensorisch miteinander verknüpfter Fertigkeiten. Eine Fehl- bzw. Unterentwicklung der einzelnen sensorisch miteinander verknüpften Fertigkeiten tritt selten isoliert auf.
Beispiel für einen möglichen Seheindruck bei "Buchstabendrehern"
Sind Defizite bei der "visuell-räumlichen Verarbeitungsfähigkeit" vorhanden, so wird derjenige Schwierigkeiten beim Sport und im Straßenverkehr haben. Geschwindigkeit und Bewegungsrichtung können nicht schnell genug eingeschätzt werden. Bei Defiziten in der "Verarbeitung visueller Informationen", können Erfahrungsmuster die im Gehirn gespeichert sind nur lücken- und bruchstückhaft abgerufen werden. Beim Lesen von Texten beobachtet man häufig Verwechselungen von Buchstaben (b und d; u und v; p und q). Die Folge ist eine reduzierte Sinnerfassung beim Lesen.
Welche Symptome können auftreten?
- Kopfschmerzen
- hohe Lichtemfindlichkeit
- kurzzeitiges Schielen
- Augenbrennen (Rötung)
- schiefe Kopfhaltung beim Lesen
- sehr kurzer Leseabstand
- häufiges Augenreiben
- Augenbrennen
- seitliches Verschieben des Textes
- Abdecken eines Auges mit der Hand
- Leseunlust
- häufiges Lesen mit den Fingern (die Zeile wird oft verloren)
- Buchstaben verwechseln (p und q; b und d)
- viel Ratelesen
- Rechtschreibfehler auch bei bekannten Wörtern
- Text verdrehen
- schnelles Nachlassen der Lese-/Schreibqualität mit zunehmender Dauer der Aufgabe
- ungeschickt bei Ballsportarten
- vorgegebene Felder werden unsauber ausgemalt
- häufiges Anstossen (nimmt Ecken mit)
Wie funktioniert das Visualtraining?
Hat ein Augenpaar nicht gelernt oder wieder verlernt, sich zu koordinieren, also Bewegungen und Einstellmechanismen gemeinsam und flüssig ablaufen zu lassen, so sind spezielle Übungen erforderlich. Diese speziellen Übungen werden im Visualtraining gelehrt und trainiert.
Je nach Alter sind die Bewegungsabläufe unterschiedlich entwickelt. Mit zunehmendem Alter werden die Strukturen immer stabiler. Die visuellen Probleme lassen sich dadurch nicht in jedem Alter gleich trainieren. Dem Visualtraining geht eine aufwendige Messung von 1 bis 1 1/2 Stunden voraus. Anhand dieser 21-Punkte-Prüfung wird die Ursache des visuellen "Fehlverhaltens" erforscht. Nach Auswertung dieser Meßergebnisse wird für jeden ein individuelles Trainingsprogramm ausgearbeitet.
Trainiert wird täglich 10 - 15 Minuten zuhause. Das Training umfaßt jeweils 4 Übungen. In einem Rhythmus von 14 Tagen wird der Trainingsfortschritt überprüft und die Übung werden dem aktuellen Stand angepasst. Von größter Bedeutung ist dabei die Mitwirkung der Eltern und natürlich die des Kindes selbst. Grundsätzlich sollte vor Beginn eines solchen Trainings vom Augenarzt abgeklärt werden, ob Augenerkrankungen vorliegen.
Was ist die Winkelfehlsichtigkeit?
Die Winkelfehlsichtigkeit (WL) betrifft die Stellung der Augen zueinander. Bei der WL schneiden sich die Fixierlinien beider Augen, wenn diese in Ruhestellung sind, nicht im angeblickten Objekt (z. B. Text). Bei der WL wird nach Betrag und Lage unterschieden.
Das Augenpaar versucht, diesen Fehlbetrag zu kompensieren. Dies erfolgt durch motorische und sensorische Fusion. Dadurch ist eine WL von außen nicht erkennbar.
Ist die Abweichung größer, so können die Augenmuskeln die Fehlstellung nicht mehr ausgleichen und ein oder beide Augen schielen. Gemessen wird die WF nach der Mess- und Korrektionsmethode nach Haase. Dafür ist ein spezielles Meßgerät (Polatest) notwendig.
Ziel ist es, bei bestehenden Anstrengungs-
und Sehbeschwerden das Augensystem mit einer prismatischen
Brillenkorrektion zu entlasten. Liegt zusätzlich eine Fehlsichtigkeit
vor, so wird diese ebenfalls mit ausgeglichen.
Mögliche Beschwerden
- Kopfschmerzen
- Lichtempfindlichkeit
- schlechtes räumliches Sehen
- schnelles Ermüden beim Lesen
Was bewirken Prismenbrillen?
Prismenbrillen entlasten winkelfehlsichtige Menschen von dem für die Augenmuskeln anstrengenden "Ausrichten" der Augen. Das Augenpaar kann seine anstrengungsärmste Stellung einnehmen und die Prismenbrille bewirkt, dass die Bilder dennoch auf die "richtige" Stelle in den beiden Augen treffen, welches die höchste Wahrnehmungsqualität liefert.
Winkelfehlsichtigkeit ist keine Krankheit, sondern ein Sehfehler. Prismenbrillen ändern nichts am Bestehen dieses Sehfehlers. Sie gleichen ihn aus - jedoch nur solange die Brillen getragen werden. Dies ist hier genauso wie bei jedem anderen Sehfehler, beispielsweise bei Kurzsichtigkeit.
Das Augenpaar versucht, diesen Fehlbetrag zu kompensieren. Dies erfolgt durch motorische und sensorische Fusion. Dadurch ist eine WL von außen nicht erkennbar.
Bei den selten vorkommenden großen Winkelfehlsichtigkeiten scheinen die Augen hinter der Prismenbrille tatsächlich zu "schielen". Dies ist jedoch kein echtes Schielen, sondern nur das Sichtbarwerden der großen Winkelfehlsichtigkeit, das nach Absetzen der Prismenbrille wieder verschwindet.
Wie kann man die Augen beim Lesen entlasten?
"Fast alles was wir wissen, kam durch die Augen in den Kopf!"
Dieser Satz hat einen hohen Wahrheitsgehalt. 90% unserer Sinneseindrücke erhalten wir über das Sehen. Es ist daher leicht einzusehen, dass die Qualität der visuellen Wahrnehmung Einfluß auf die Menge unseres Wissens hat.
Beleuchtung
Eine ausreichende Beleuchtung ist beim Lesen wichtig. Bei geringer Helligkeit wird die Erkennbarkeit der Texte schwieriger und der Leser wird stärker von der Sinnerfassung des Textes abgelenkt. Messungen haben ergeben, dass die Lesegeschwindigkeit bei mangelnder Beleuchtung abnimmt.
Für das menschliche Auge sind die Wellenlängen von 380 nm bis 780 nm sichtbar. Im Bereich von 555 nm hat das Auge ein Empfindlichkeitsmaximum. Hier liegt der Bereich von grün/gelbem Licht vor. Viele künstliche Lichtquellen haben oft Lücken oder Verschiebungen in der spektralen Verteilung. So haben z.B. viele Leuchtstofflampen einen höheren Blauanteil an Strahlung als natürliches Licht. Dies führt oft zu angestrengtem Sehen.
Arbeitsposition und Körperhaltung
Der richtige und ein ausreichender Leseabstand ist für entspanntes Lesen außerordentlich wichtig. Der optimale Leseabstand ist die Strecke vom Ellenbogen bis zum zweiten Knochen des Mittelfingers. Dies ist der sog. Harmon-Abstand.
Außerdem sollte die Körperhaltung so eingenommen werden, daß die Fixierlinien der Augen zur Schreiboberfläche einen 90° Winkel bilden. Dazu muß die Lese- oder Schreibfläche leicht schräg gestellt werden.
In dieser Stellung wird, so konnte Harmon 1960 nachweisen, sowohl auf das visuelle System als auch auf die stützenden Körpermuskeln von Kopf und Rumpf am wenigsten Stress ausgeübt.
Bevor Lesen und Schreiben Allgemeingut war, gab es zumeist Mönche, die an Stehpulten geschrieben haben. Sie standen auf dem Boden und hatten schräge Schreibflächen. Sie wußten, dass man so ein wesentlich entspannteres und verzerrungsfreieres Sehen hat als bei einer waagrechten Unterlage mit schrägem Draufblick.
Personen mit visuell-motorischen Problemen arbeiten häufig mit einem sehr geringen Arbeitsabstand und zeigen zusätzlich eine asymetrische Körperhaltung. Wird der Kopf sehr schräg gehalten, so verliert man das binokulare Sehen, da die Nase wie eine Blende funktioniert.
Um eine fundierte Analyse durchführen zu können, benötigen wir Informationen/ Beobachtungen aus dem alltäglichen Geschehen oder auch über besondere Verhaltensweisen, die Rückschlüsse auf etwaige Sehschwächen schließen lassen. Dafür haben wir spezielle Fragebögen für Sie vorbereitet, die Sie dann zum Termin bitte vollständig ausgefüllt mitbringen. So können wir dann gemeinsam besprechen, ob eventuell eine augenbedingte Sehschwäche vorliegt.